Medien, Print, Web 2.0:

Kuriositätenkabinett der Nachrichtenseiten

Seit wenigen Stunden erlebt der Focus einen durchaus gelungenen Relaunch - aufgeräumt, intuitiv bedienbar, webbig. Bei Peter Turi gibt es schon einige positive Punkte, denen ich mich nur anschließen möchte. Jedoch fällt mittlerweile auf, dass sich die deutschen Nachrichtenseite bzw. Nachrichtenportale zunehmend ähneln. Auch im Design Tagebuch ist man darauf aufmerksam geworden.

Heute schmiede ich den einen Ring - als großen Rundumschlag durch die geläufigsten Nachrichtenseiten von Deutschland in einer optischen Nebeneinanderstellung. Einerseits war das Thema von Werbung in Blogs und Mainstream-Medien in den vergangenen Tagen hin und her geschoben worden, andererseits ist für mich die fatale Ähnlichkeit von einigen Anbietern am Markt das Zeichen für die fehlende Individualität der Dienste. Wichtig bei diesem Kuriositätenkabinett ist für mich der sichtbare Bereich in 1000 Pixeln Breite auf einer 1280×1024er Auflösung. Die Wahl der Titel fiel dabei primär auf meine persönlichen Präferenzen - wir können gerne ergänzen.

Berliner Zeitung
 
Ich sehe die BLZ als wichtige Zeitung für die Hauptstadt an. Auffällig ist hier die direkte Nutzung von Google Adsense, was bei keiner anderen von mir betrachteten Nachrichtenseite zum Einsatz kommt. Ist hier eventuell eine neue Vermarktungsstrategie nötig? Eine Sidebar, eine Navigationsbar.
http://www.berlinerzeitung.de

Financial Times Deutschland
 
Ganze zwei Werbeflächen waren heute Morgen auf der FTD eingeblendet, von denen nur einer im Bereich der Navigation auftaucht. Eigenwerbung sei erlaubt, jedoch wirkt dadurch der Aufbau undynamisch auf mich. Eine Sidebar, eine Navigationsbar.
http://www.ftd.de

Focus
 
Der neue Relaunch von Focus zeigt das von SpOn verinnerlichte L-Format. Vom Aufbau her stark an SpOn und SZ angelehnt - ob das nun ein gutes Zeichen ist, mag ich nicht deuten. Eine Sidebar, Navigation on top.
http://www.focus.de

Frankfurter Allgemeine Zeitung
 
Auch hier ist das klassische L-Format zu sehen. Auffällig ist der Headerbereich, der ein wenig verschoben wirkt. Störend wirken die drei Spalten. Zwei Sidebars, Navigation on top.
http://www.faz.net

Frankfurter Rundschau
 
Keine direkt sichtbare Werbung bis auf den kleinen Banner oberhalb der Seite. Oder wird wegen der Farbe alles von Douglas gesponsert? Eine Sidebar, eine Navigation.
http://www.fr-online.de

Hamburger Abendblatt
 
Herzlich willkommen zum fettesten, fiesesten LayerAd, der den gesamten Contentbereich verdunkelt. Einige der L-Formate waren so groß, dass die gesamte Breite auf über 1024 Pixel wuchs. Eine Sidebar, zwei Navigationen als Navigationsbar und on top.
http://www.abendblatt.de

Handelsblatt
 
Das Handelsblatt verstrickt sehr geschickt den Inhalt mit Werbung, dennoch wirkt es dabei weniger störend als bei anderen Versuchen, da die Farb- und Formwahl sehr gediegen ist. Eine Sidebar, zwei Navigationen als Navigationsbar und on top.
http://www.handelsblatt.com

Netzeitung
 
Eigentlich passt die Netzeitung nicht in das “Printmedium”-Schema, aber ich sehe sie dennoch als relevant an. Auch hier dominiert das L-Format und ein direkt sichtbarer Content-Ad. Anzumerken ist jedoch, dass die Netzeitung letztendlich von den Anzeigen und Sponsorings lebt. Eine Sidebar, eine Navigationsbar.
http://www.netzeitung.de

Rheinische Post
 
Bei RP-Online ist derzeit keine größere Werbung bis auf die üblichen Verdächtigen in der Sidebar. Eine Sidebar, zwei Navigationen als Navigationsbar und on top.
http://www.rp-online.de

Spiegel
 
Zwar wird das L-Format hier prominent genutzt, doch zumindest ist bei SpOn der sichtbare Contentbereich hier befreit von Werbung. Eine Sidebar, Navigation on top.
http://www.spiegel.de

Stern
 
Ist die Content-Ad beim Stern nur die eine sichtbare Werbeform oder läuft keine Kampagne im L-Format? So genau weiß ich es nicht… Eine Sidebar, Navigation on top.
http://www.stern.de

Süddeutsche Zeitung
 
Auch bei der SZ ist das L-Format dominierend nebst Werbung in der Sidebar. Irritierend ist der im zweiten Screenshot gelblich umrahmte Bereich, der ohne Klickfunktion dahinvegetiert. Eine Sidebar, Navigation on top.
http://www.sueddeutsche.de

Welt
 
Pluspunkte sind die feine Ausarbeitung der Webzwonulligkeit, jedoch ist auch hier der rechte Seitenbereich angehäuft mit Anzeigen. Eine Sidebar, eine Navigationsbar.
http://www.welt.de

Zeit
 
Bei der Zeit fällt ein mehr als nur dominanter Anzeigenbereich im Inhalt ins Auge, der den Skyscrapper ja fast verschleiert. Ganz schrill: Eine Sidebar-Navigationsbar.
http://www.zeit.de

Fazit
Allen Titeln ist eines gemeinsam: 1000 Pixel sind ein Tabu. In Zeiten von Breitbild-Flatscreens oder hochauflösenden Grafikkarten erinnert mich dieses Problem an die Zeit, die ich in einer Online-Redaktion hoch im Norden verbrachte. Wehe wenn die Webseite nicht mehr auf jedem 800×600 Redaktionsterminal zu sehen war. Neue Bildschirme braucht das Land!

Ebenfalls ist das L-Format der Liebling von Werbevermarktern für Nachrichtenseiten. Schön umschlossen hindert es zu Anfang jegliche Betrachtung der Webseite, fällt dann aber durch ineinandergreifende Flashplayer auf und zeigt eigentlich einen grellbunten Bereich, den man sowieso irgendwie mit dem geistigen Auge ausblendet.

Die Welt sticht dabei durch die Webzwonulligkeit hervor, SpOn wird oft mit dem Magazincharakter kopiert, Handelsblatt und FAZ sind bei Wirtschaftsthemen die Messlatte. Aber wie gesagt, es sollte ja nur mal ein Überblick sein - das Kuriositätenkabinett der Nachrichtenseiten.

20 Kommentare

  1. Das mit Douglas ist gut - ein echter Hingucker, Dein Rundumschlag.
    Ein LayerAd vertreibt mich sofort, die Netzeitung treibt es auch relativ heftig (aber ich bin immer noch ein Fan des SM-Nachrichten-Service, der aber inzwischen fast eingeschlafen ist).
    Dein Vergleich sorgt dafür, daß ich in Zukunft mal bewußter die Werbung wahrnehmen werden, die bei mir sonst fast automatisch ausgeblendet wird …

  2. Layer Ads sind so ziemlich das schlimmste was es gibt. Seiten die einen haben sind für mich absolut tabu!

  3. 6 vor 9…

    Das macht Seitendruck!
    (ftd.de, Arndt Ohler und Thomas Hillenbrand)
    Ein paar Computer, drei Server. Mehr brauchen die zwei Männer nicht, um eine Web-2.0-Plattform zu programmieren. Sie sind teil eines Zwergenaufstandes: deutsche Startups schlagen …

  4. Kleiner Hinweis am Rande, die Berliner Zeitung kürzt sich mit “BLZ” ab. Das Kürzel “BZ” gehört bereits zur gleichnamigen Boulevard-Zeitung aus der Hauptstadt. Ansonsten schöne Übersicht!

  5. [...] und dabei die Werbung explizit sichtbar gemacht: Kuriositätenkabinett der Nachrichtenseiten Trackback-URL Gelesen: 1 heute: 1   [...]

  6. Die Werbung nimmt mit ihrem vorwiegenden L-Format bereits viel des Platzes in Anspruch. Dreh es doch mal um, und hebe den eigentlichen Inhalt der jeweiligen Seite hervor - ohne Werbung, ohne Navigation. Dazu am besten keine Übersichtsseite sondern eine Artikelseite, und da auch ohne Querverweise auf andere Inhalte.

    Dann bleiben wahrscheinlich nur etwa 20 Prozent der Seite übrig. Das ist für mich richtig kurios…

  7. Also der Stern macht eher das T Format. Dort wird unterhalb der Navigation der Banner-Add eingeschoben und fließt dann in den rechten Skyscraper Bereich über.
    So zumindest derzeit. (11.30 Uhr)

  8. ricka:

    hi mike,

    kleine anmerkung zur “berliner zeitung”
    sie ist nicht die “bz”
    ganz schlecht
    das ist in berlin nämlich genau das gegenteil:
    das springer-blatt “bz”
    titelseite immer hart am umkippen - dafür letzte seite dann die titten

  9. LayerAds und Standard-Banner gehören seit den Plugins zum Blockieren von Werbung der Vergangenheit an… aber irgendwann wird sich das auch zu den Zeitungen herumsprechen… ebenso wie die Tatsache, daß PageImpressions keine Sau interessieren.

  10. BLZ ist geändert - natürlich ;)

  11. aba:

    … sehr schoen.
    und wie bewertest du die erste deutsche tageszeitung im internet (www.svz.de)?
    interessiert mich mal…

  12. Die Berliner Zeitung ist nicht alleine mit AdSense. Auch die NZZ (Neue Zürcher Zeitung) setzt in der Einzelartikel-Anzeige AdSense ein (jeweils am Schluss des Artikels). Zum Beispiel …

  13. Das finde ich klasse! Wenn der Artikel so gut war, daß man ihn zu Ende lesen konnte, dann ein bisschen Werbung.

    @Mike NZZ hatteich gestern vergessen. Die gefällt mir sowieso gut

  14. @all - Danke für das Feedback. Ich bereite für morgen/übermorgen einen Artikel mit den entsprechenden Screenshots der Artikelsicht vor.

    Dennoch bewerte ich nicht alle Onlineausgaben der Zeitungen - sonst bin ich irgendwann bei gut und gerne ein paar mehr Blogeinträgen als es Sinn macht ;)

  15. Lesenswerter Artikel! Dank Adblock bekomme ich - mit Ausnahme von Textlinks - im Internet praktisch gar keine Werbung mehr zu sehen. Von daher ist die Übersicht der verschiedenen Werbeplatzierungen sehr interessant. Die Website der TAZ vermisse ich in der Übersicht noch.

  16. [...] Kuriositätenkabinett der Nachrichtenseiten - Telagon Sichelputzer Mike Schnoor hat sich die Optik der großen Nachrichtenseiten näher angeschaut und entdeckt, dass diese sich gestalterisch immer mehr annähern. (tags: online-journalismus) [...]

  17. Webseiten: Kuriose Ansichten…

    Beim Sichelputzer gibt es Kurioses: Mike hat Nachrichtenseiten (z.B. Focus, Handelsblatt) für ein Kuriositätenkabinett abgelichtet und den Werbepart hervorgehoben und analysiert. Sein Fazit: Optimiert für eine bestimmte Auflösung un…

  18. [...] Kuriositätenkabinett der Nachrichtenseiten - Telagon Sichelputzer [...]

  19. [...] versteht sich von selbst. Vor zahlreichen Wochen konnte ich bereits einen schönen Vergleich der Nachrichtenseiten über die sichtbaren Formen der Anzeigen bzw. Werbemaßnahmen liefern - heute verwerte ich [...]

  20. [...] Zeit. Dennoch befürchte ich, dass Der Westen noch etwas mehr bringen muss um mit einigen der größeren Nachrichtenportale mithalten zu können. Verwandte [...]

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